SOLARPFLICHT FÜR NEU- UND BESTANDSBAUTEN
POSITIONEN DER ALLIANZ BIPV E.V.

Auf nahezu allen politischen Ebenen wird über die Einführung einer Solarpflicht diskutiert. In einigen Bundesländern gibt es bereits konkrete Gesetze bzw. Gesetzesvorhaben. Manche Städte und Gemeinden schreiben seit Jahren vor, dass unter bestimmten Umständen Solaranlagen errichtet werden müssen. Selbst in der Bundesgesetzgebung scheint eine gesetzliche Pflicht zur Errichtung von Solaranlagen nur noch eine Frage der Zeit zu sein.

Für und Wider der Solarpflicht sind umstritten und werden selbst innerhalb der Solarbranche unterschiedlich bewertet. Von den Kritiker*innen wird unter anderem angeführt, dass die Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen zu einer „Verschandelung“ der Städte und Dörfer führen werde.

Die Möglichkeiten, die die gebäude- bzw. bauwerkintegrierte Photovoltaik (kurz: BIPV) bietet, werden in dieser Diskussion jedoch bislang kaum berücksichtigt. Denn PV-Anlagen lassen sich mittlerweile in nahezu allen Formen und Farben gestalterisch und technisch in die Gebäudehülle integrieren. PV-Anlagen müssen daher nicht zwangsläufig zu Lasten der Ästhetik oder der Baukultur gehen.

Für die BIPV kann die Einführung einer Solarpflicht eine erhebliche Chance darstellen – vorausgesetzt, dass die Solarpflicht entsprechend ausgestaltet wird. Die Solarpflicht darf insbesondere nicht dazu führen, dass konventionelle und integrierte PV-Anlagen faktisch gegeneinander ausgespielt werden. Aus Sicht der Allianz BIPV e.V. sollten bei der Einführung von Solarpflichten in Kommunen, Ländern oder im Bund daher folgende Aspekte berücksichtigt und umgesetzt werden:

  • Die herausragende Akzeptanz, die die Photovoltaik genießt, darf durch die Einführung einer Solarpflicht nicht unterminiert werden. Die Pflicht zur Installation von PV-Anlagen muss daher flankiert werden mit Maßnahmen, die die Errichtung und den Betrieb von PV-Anlagen – einschließlich der integrierten PV-Anlagen – erleichtern. Für den Ausbau der Solarenergie bedarf es eines klaren und konsistenten Rechtsrahmens.
  • Der massive Ausbau der Solarenergie, der mit der Solarpflicht bezweckt ist, darf zudem nicht zwangsläufig zum Verlust der Baukultur führen. Einer „ästhetischen Belastung“ muss frühzeitig mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln entgegengewirkt werden. Ein Baustein hierfür ist die Förderung der bauwerkintegrierten Photovoltaik.
  • Die Förderung der BIPV sollte idealerweise bereits in den entsprechenden Gesetzen, Rechtsverordnungen oder Satzungen erfolgen. Darüber hinaus sind auch geeignete Maßnahmen in der Praxis vorzusehen.
  • Die Solarpflicht muss die Flächenpotentiale der gesamten Gebäudehülle in den Blick nehmen. Denn auch die Fassaden und bauliche Sonderelemente, wie Balkone, Terrassen oder Wintergärten, sind grundsätzlich für Solaranlagen geeignet. Bei mehrgeschossigen Hochbauten liegt das größere Potential sogar häufiger in der Fassade als auf dem Dach. Zwar würde es keinen Sinn machen, die Nutzung dieser Flächenpotentiale verpflichtend vorzuschreiben. Die Umsetzung der Solarpflicht muss jedoch auch mit PV-Installationen in solchen Flächen möglich sein.
  • Vor allem Wintergärten und Carports werden heute schon gerne für integrierte PV-Anlagen genutzt. Die Solarpflicht sollte daher so ausgestaltet sein, dass sie auch mit integrierten PV-Anlagen in freistehenden Carports oder ähnlichen Nebengebäuden erfüllt werden kann.
  • Integrierte PV-Anlagen sind nicht nur meist aufwendiger und teurer als konventionelle Aufdachanlagen. Sie werden auch steuerrechtlich anders behandelt. Die Realisierung integrierter PV-Anlagen sollte dagegen mit geeigneten Mitteln angereizt und honoriert werden. Insbesondere sollten integrierte PV-Anlagen mindestens genauso schnell steuerlich abgeschrieben werden können wie konventionelle Anlagen.
  • Es bedarf zudem einer Klarstellung, dass bei der Verwendung von Bauprodukten mit integrierten Solarzellen für die Flächenberechnung die Bruttomaße der Bauprodukte maßgeblich sind.
  • Für Bauherren, Planende und Architekten und Architektinnen sind besondere Informations- und Beratungsangebote zur BIPV zu schaffen. Denn zum einen sind die gestalterischen, technischen und baulichen Möglichkeiten der Photovoltaik vielen noch gar nicht bekannt. Zum anderen sind die rechtlichenRahmenbedingungen für integrierte PV-Anlagen unklar und erklärungsbedürftig.
  • Die Integration der PV-Anlagen in die Gebäudehülle stellt auch für das Handwerk eine besondere Herausforderung dar. Daher sind auch in diesem Bereich – in Zusammenarbeit mit den Handwerkskammern und Fortbildungsträgern – besondere Schulungs- und Beratungsangebote zu initiieren.